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Michael Quarten und Matthias Meier-Grüll: Der Landwirt wird zum Stromerzeuger

Auf vielen Bauernhöfen findet man heute Photovoltaikanlagen auf den Dächern. Das Ernten von Strom wird zu einer weiteren wichtigen Einnahmequelle für Landwirte. Durch die großen Flächen, die sie bewirtschaften, können sie einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten. Michael Quarten und Matthias Meier-Grüll arbeiten im Projekt »Agrophotovoltaik 2.0« am Forschungszentrum Jülich an einem Konzept, das die Solarpanele vom Scheunendach hinaus auf die Felder bringt. Durch ein Metallgerüst hoch in der Luft getragen, tanken die Panele so viel Sonnenenergie wie möglich, während darunter der Traktor über das Feld fahren kann. Sensoren sorgen dafür, dass die Pflanzen immer genug Licht für ein optimales Wachstum bekommen. Das Projekt ist eines von insgesamt 15 sogenannten Innovationslaboren und ein Bestandteil beim Aufbau einer Modellregion für Bioökonomie im Rahmen des Strukturwandels. Das sogenannte BioökonomieREVIER Rheinland soll europaweit zu einer Pilotregion werden, in der die Umwandlung traditioneller, auf fossilen Rohstoffen aufbauender Wirtschaftsweisen in eine nachhaltige, an den regionalen Gegebenheiten und Zukunftschancen ausgerichtete Bioökonomie implementiert wird.

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Agrarflächen optimal nutzen

Matthias Meier-Grüll ist Photovoltaiker und wissenschaftlicher Koordinator am Institut für Photovoltaik des Forschungszentrums Jülich. Den Strukturwandel im Rheinischen Revier sieht er als große Chance, die Menschen vom Potenzial der erneuerbaren Energien zu überzeugen: „Wir müssen jetzt das Energiesystem umbauen, denn die ersten Kohlekraftwerke werden schon bald vom Netz gehen. Photovoltaikanlagen brauchen aber viel Platz, und den finden wir vor allem auf landwirtschaftlich genutzten Flächen“, erklärt Meier-Grüll.

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Matthias Meier-Grüll | Foto: Zukunftsagentur/Andreas Schmitter
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Michael Quarten | Foto: Zukunftsagentur/Andreas Schmitter

Damit das Solarfeld auf dem Acker jedoch den Pflanzen nicht das lebenswichtige Sonnenlicht wegnimmt, ist Anfang 2020 auch Michael Quarten zum Projekt hinzugestoßen. Der Elektrotechniker ist am Institut für Pflanzenwissenschaften des Forschungszentrums Jülich tätig und arbeitet an einem Positionierungssystem für zahlreiche Sensoren, die den Zustand der Pflanzen überwachen sollen:

„Mit den Sensordaten kann analysiert werden, wie gut die Pflanzen den Schattenwurf unter der Solaranlage vertragen. Gleichzeitig soll das Steuerungssystem der Photovoltaikanlage in der Lage sein, die Solarpanele immer so auszurichten, wie es für die Pflanzen am günstigsten ist, und zugleich die optimale Stromgewinnung sicherstellen“, so Quarten.

Die Region wird zum Versuchslabor

Matthias Meier-Grüll ist zwischen Düsseldorf und Mönchengladbach aufgewachsen und wohnt heute im Norden von Mönchengladbach. Michael Quarten kommt aus Nörvenich und ist mit seiner Familie vor Kurzem nach Düren gezogen. Beide fühlen sich eng mit der Region verbunden und wollen bleiben. Doch ihnen ist auch klar, dass der Strukturwandel viele Veränderungen mit sich bringen wird.

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Matthias Meier-Grüll und Michael Quarten | Foto: Zukunftsagentur/Andreas Schmitter
„Die Region ist stark von der Industrie geprägt, aber auch von der Landwirtschaft. Durch den Strukturwandel werden viele Arbeitsplätze wegfallen, aber auch neue Jobs entstehen“
,sagt Quarten.

Sein Kollege Matthias Meier-Grüll ergänzt: „Wir haben in der Region rund um Jülich sehr nährstoffreiche Böden. Mit unserer Demonstrationsanlage wollen wir zeigen, dass man hier zugleich effektiv Landwirtschaft betreiben und Energie erzeugen kann – denn die Energiegewinnung sollte nicht zu Lasten eines Flächenverlustes für die Landwirtschaft betrieben werden.“

Damit das in der Praxis auch gut funktioniert, müssen das Pflanzenwachstum und die Anlagensteuerung perfekt aufeinander abgestimmt sein.

„Wenn die Sonne scheint, folgen die Solarpanelen dem Sonnenstand, ohne den Pflanzen zu viel Licht wegzunehmen. Bei Hagel und Sturm bilden sie hingegen ein schützendes Dach. Ein Regenauffang-System speichert Wasser, das in Dürrezeiten zur Bewässerung genutzt werden kann. Das macht unser System äußerst effizient und innovativ.“
, erklärt Meier-Grüll

Eine Innovation, die Arbeitsplätze schafft

Die beiden Experten hoffen, dass ihre Lösung einen Beitrag dazu leistet, den Landwirten im Rheinischen Revier auf ausgewählten Flächen eine zusätzliche, nachhaltige Einkommensquelle zu verschaffen.

„Ich glaube an die Photovoltaik und wünsche mir, dass der Umbau des Energiesystems in unserer Region mit solchen Leuchtturmprojekten gelingt. Wir hören den Landwirten genau zu, was sie brauchen, damit die Anlage später auch in der Praxis funktioniert“, sagt Meier-Grüll.

Sein Kollege Michael Quarten betont, dass die Agrophotovoltaikanlage, sofern sie in eine breite wirtschaftliche Anwendung kommt, viele neue Jobs schaffen könnte:

„Schließlich brauchen wir Techniker und Ingenieure, um die Anlage zu konzipieren. Aber auch das Handwerk wird gebraucht, um die Anlagen zu bauen und instand zu halten. Und wir brauchen die Stahlindustrie für die Konstruktion, da die Unterkonstruktion hauptsächlich aus Eisen bestehen wird“, sagt Michael Quarten. Wenn sich das Konzept durchsetzt, könnten also viele neue Arbeitsplätze in der Region entstehen.

Matthias Meier-Grüll fügt hinzu: „Wenn wir es schaffen, die Energiewende in der Region sichtbar zu machen, kann das eine große Strahlkraft bis in die europäischen Nachbarregionen haben!“

Hintergrund

BioökonomieREVIER Rheinland – Modellregion für nachhaltiges Wirtschaften
Ein Schwerpunkthema des Strukturwandels im Rheinischen Revier ist die Bioökonomie. Hier entsteht im Rahmen des Sofortprogramms der Bundesregierung zum Braunkohleausstieg eine Modellregion für ressourceneffizientes und nachhaltiges Wirtschaften. Auf der Basis bio-basierter Innovationen werden neue, regionale Wertschöpfungsketten und Geschäftsmodelle etabliert. Die Initiative wird vom Institut für Pflanzenwissenschaften am Forschungszentrum Jülich koordiniert.

Ein wichtiger Bestandteil der Modellregion sind 15 Innovationslabore. In einem interdisziplinären Forschungs-Konsortium engagieren sich regionale Universitäten und Forschungseinrichtungen für einen schnellen Transfer von Forschungsideen in die wirtschaftliche Umsetzung. Beteiligt sind die RWTH Aachen und die Fachhochschule Aachen, das Forschungszentrum Jülich, Institute der Fraunhofer Gesellschaft sowie die beiden regionalen Unternehmen YNCORIS GmbH & Co. KG und SenseUP Biotechnology GmbH./pak

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