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Wald und Windenergie

09. Oktober 2025

Im Rheinischen Revier entstehen auf meist geschädigten Waldflächen Windkraftanlagen – nachhaltig, naturverträglich und klimafreundlich. Neue Regelungen ermöglichen den Ausbau erneuerbarer Energien, ohne die Waldfunktionen zu gefährden. So verbindet Windenergie Klimaschutz mit Waldschutz.

Die Beziehung der Deutschen zum Wald ist ein Gemisch aus Geschichte, Kultur, Naturbewusstsein und Emotionen. Kein Wunder also, dass der Bau von Windkraftanlagen in Wäldern Diskussionen auslöst. Doch ein Blick auf die Fakten zeigt, dass das gut möglich ist.

Die Römer beschrieben die Germanen als Waldvölker. In der Romantik galt der Wald den Deutschen als Sehnsuchtslandschaft und in der Nachkriegszeit wurde er zum Symbol für den Umweltschutz. Dabei haben die heutigen bewirtschafteten Wälder wenig mit den vorchristlichen Urwäldern unserer Ahnen zu tun. Der Großteil der Waldfläche in Deutschland ist eine durch den Menschen geprägte Kulturlandschaft. Mit seinen vielfältigen Funktionen dient der Wald nicht nur der holzwirtschaftlichen Nutzung, sondern er hat zugleich eine wichtige Bedeutung für die Umwelt, das Klima und die dauernde Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts sowie für die Erholung der Bevölkerung. Zunehmend erfolgt auch der Bau von Windenergieanlagen innerhalb von Waldflächen. 

Wald bisher nur eingeschränkt nutzbar

In Nordrhein-Westfalen gab es Ende 2022 insgesamt 3.875 Windkraftanlagen mit einer Leistung von insgesamt 6.837 Megawatt. Nur 118 Anlagen mit einer Leistung von insgesamt 336 Megawatt standen Ende 2023 innerhalb von Waldflächen. Grund dafür war die bis dahin nur eingeschränkt zulässige Nutzung von Windenergie im Wald. Rund ein Viertel der Fläche von Nordrhein-Westfalen ist mit Wald bedeckt. Inzwischen sind 152 Anlagen im Betrieb, 80 in Bau, 315 beantragt und 232 genehmigt. Als Wald gilt nach dem Bundeswaldgesetz jede mit Forstpflanzen bestockte Grundfläche, sowie weitere mit dem Wald verbundene und ihm dienliche Flächen. 

Von Stürmen, Dürre und Borkenkäfern geschädigt

Doch was auf Karten als Wald gekennzeichnet ist, gibt lediglich einen Hinweis auf die Nutzungsart des Bodens. „Nicht jede als Wald ausgewiesene Fläche ist auch tatsächlich mit dichtem, gesundem Wald bestockt – vielerorts stehen nach Stürmen, Dürre oder Borkenkäferbefall nur noch Stümpfe. Das sind die Folgen des Klimawandels, die man im Wald ganz deutlich spürt“, sagt Marcel Nowak, Teamleiter Produktentwicklung bei Wald und Holz NRW. „Diese Flächen brauchen Jahre, bis dort wieder ein stabiler Mischwald entsteht und in diesem Zeitraum können die Flächen sinnvoll anders genutzt werden.“

Kalamitätsflächen für Windenergie nutzen

Nicht auf allen Flächen, die auf Karten als Wald gekennzeichnet sind, lassen sich in der Realität dichte und alte Wälder finden. Insbesondere seit dem Jahr 2018 sind in zahlreichen Gebieten durch Sturm, Dürre oder Schädlingsbefall sogenannte Kalamitätsflächen entstanden, auf denen vorübergehend abgestorbene Bäume oder nur noch Stubben statt üppigem Baumbewuchs stehen. Bis diese Flächen durch Pflanzung oder Naturverjüngung wieder aufgeforstet sind und sich - im günstigsten Fall - ein auch im Klimawandel standortgerechter Mischwald aus überwiegend heimischen Baumarten entwickelt hat, können solche Kalamitätsflächen in Nordrhein-Westfalen unter Beachtung der Ziele und Erfordernisse der Landesplanung sowie der naturschutzrechtlichen Belange für die Windenergie genutzt werden.  Hierzu wurde im Dezember 2023 der Erlass zum beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien veröffentlicht, der den Ausbau der Windenergie im Wald erleichtert. 

Windenergie im Wald streng geregelt

Mit der Änderung des Landesentwicklungsplans im März 2024 wurde die Nutzung dieser Waldbereiche für Windenergie regionalplanerisch freigegeben – ausgenommen sind streng geschützte Gebiete wie Naturwaldzellen, Naturschutzgebiete und Natura 2000-Flächen. In waldarmen Gemeinden mit einem Waldanteil von unter 20 Prozent soll dagegen auf die Festlegung von Windenergiebereichen in Waldflächen verzichtet werden. Die „Flächenanalyse Windenergie NRW“ konkretisiert diese Regelungen: Sie nennt bestimmte Ausschlussflächen wie Laub- und Mischwald, Bestattungswälder und Saatgutbestände. Die Ergebnisse sind in die Planungskarte des Energieatlas eingeflossen und bilden seither eine wesentliche Grundlage für die Standortplanung. 

Forstbehörden mit eingebunden

Im Rahmen der Planungs- und Genehmigungsverfahren, die vor Errichtung einer Windenergieanlage regelmäßig zu durchlaufen sind, beteiligt die verfahrensführende Behörde auch die Forstbehörde, soweit Waldflächen betroffen sind. Die umfassende Abwägung der Forstbehörde zwischen den Interessen des Waldbesitzes und den Belangen der Allgemeinheit findet damit Eingang in das jeweilige Verfahren. Dabei setzt sich die Forstbehörde immer für die geringstmögliche Beeinträchtigung der Waldfläche sowie für einen funktionsgerechten Ausgleich für die in Anspruch genommene Waldfläche ein. Dies umfasst auch die Zuwegung zur Windenergieanlage. Im Regelfall wird sie so weit wie möglich über vorhandene Forstwege geführt. 

Wald soll nicht beeinträchtigt werden

„Wir achten im Genehmigungsverfahren, bei dem wir als Forstbehörde unsere Stellungnahme abgeben, genau darauf, dass der Wald bei der Standortauswahl so wenig wie möglich beeinträchtigt wird – etwa indem vorhandene Forstwege und Waldstrukturen genutzt, strukturreiche Laub- und Laubmischwälder ausgeschlossen und forstliche Ausgleichsmaßnahmen eingeplant werden“, sagt Marc Heitze, Ansprechpartner für Walderhaltung und Sicherung der Waldfunktionen bei Wald und Holz NRW. „So bleibt die Balance zwischen Erzeugung erneuerbarer Energien und den damit verbundenen Eingriffen in den Wald gewahrt und die Waldfunktionen für Waldbesitz und Allgemeinheit erhalten.“

Nur wenig Flächenversiegelung

Wird eine Windenergieanlage im Wald errichtet, werden je Anlage mehr als 1 Hektar für Standort, Bauflächen und Zuwegung benötigt. 0,5 Hektar Wald werden in eine andere Nutzungsart umgewandelt und müssen an anderer Stelle durch die Neuanlage von Wald oder Wiederaufforstung von Kalamitätsflächen kompensiert werden. Die restliche Fläche wird nach Errichtung der Anlage wieder aufgeforstet. Meist ragen die Windenergieanlagen weit über die Baumwipfel hinaus, denn je höher die Anlagen, umso niedriger sind die Turbulenzen und umso höher ist der Ertrag. Bei sämtlichen Anlagen kann die Kollisionsgefahr mit Fledermäusen und Greifvögeln durch moderne Abschaltalgorithmen und kameragestützte Erkennungssysteme reduziert werden. 

Windenergie gleicht forstwirtschaftliche Verluste aus

Für den Ausbau der Windkraft im Wald werden größtenteils Kalamitätsflächen genutzt. Neben einem funktionsgerechten Ausgleich für die in Anspruch genommene Waldfläche erfordert dies, aus solchen Flächen nur minimale Baumrodungen. Zudem kann der Ertrag aus der Windenergie die forstwirtschaftlichen Verluste ausgleichen, während unterhalb der Windenergieanlagen ein neuer Wald heranwachsen kann.

Gigawattpakt treibt die Energiewende voran

In immer mehr Kommunen des Gigawattpakts wird der Ausbau der Erneuerbaren Energien vorangetrieben. Der Gigawattpakt ist ein Bündnis aus rund 60 Landkreisen, Kommunen und Unternehmen, das den Ausbau der Erneuerbaren Energien im Rheinischen Revier beschleunigen will. Bis 2028 sollen mindestens 5 Gigawatt aus Erneuerbaren Energien produziert werden. Die NRW-Landesregierung stellt Fördermittel von bis zu 60 Millionen Euro für den Ausbau der Erneuerbaren Energien bis 2028 zur Verfügung. So wird die Energiewende im Rheinischen Revier vorangetrieben und der Ausstoß an klimaschädlichem CO2 reduziert.

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