Windräder im Wald
©Alexander Mießen, Gemeinde Simmerath

Windenergie 2.0: Mehr Power durch „Repowering“

22. April 2025

Mehr Leistung, weniger Platz: Repowering hebt die Windenergie in NRW auf das nächste Level. Mit dem Austausch alter Anlagen durch moderne Windräder steigt die Effizienz enorm – bei gleicher Fläche. Und das ist längst nicht der einzige Vorteil von Repowering. 

Die Weichen für den Bau von Windkraftanlagen stellte bundesweit das im Jahr 2000 in Kraft getretene Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). In NRW wurden zwischen 1995 und 2005 jährlich über 100 Anlagen neu aufgestellt, in der Spitze waren es 380 im Jahr 2002. Dem Stand der Technik entsprechen diese heute nicht mehr. Das sogenannte „Repowering“ bietet das Potenzial, die Leistung von Windenergieanlagen an bestehenden Standorten zu vervielfachen. 

2024 wurden in NRW 166 neue Windenergieanlagen installiert. Allerdings wurden auch 123 abgebaut. Obwohl es also insgesamt nur 43 Anlagen mehr gab als 2023 und eine einzelne moderne Anlage es auf etwa fünf Megawatt bringt, stieg die installierte Leistung um 625 Megawatt.

Der Grund dafür heißt „Repowering“. Es bezeichnet den Austausch von alten Anlagen durch neue, leistungsstärkere Anlagen. Und das bringt viele Vorteile. „Durch ein Repowering von alten Anlagen kann im Ausbau auf windreiche und bereits erschlossene Standorte zurückgegriffen werden. Studien zeigen, dass auch die Akzeptanz für Windenergie rund um diese Standorte sehr hoch ist“, erklärt Christian Mildenberger, Geschäftsführer von NRW.Energy4Climate. Repowering-Maßnahmen machen die bereits genutzten Flächen effizienter. Die vorhandene Wege- und Netzinfrastruktur kann genutzt werden. Wo Anlagen, die mehr als 20 Jahre alt sind, an ihre Grenzen stoßen, erbringen neue Anlagen eine rund vier- bis fünffach höhere Leistung. „Durch den enormen technischen Fortschritt bei Windenergieanlagen in den letzten Jahren ist aber nicht nur die Leistung größer, sondern vor allem die Stromerzeugung, weil sie in größeren Höhen drehen“, so Mildenberger.

Das Potenzial von Repowering ist groß. Derzeit gelten etwa 2.500 Anlagen in NRW als „repoweringfähig“. Das entspricht zwei Dritteln aller Anlagen. Sie erzeugen aber nur ein Drittel des gesamten Stromertrags aus Windenergie. Noch deutlicher wird es bei der Betrachtung der neuesten Anlagen, die maximal fünf Jahre alt sind. Sie machen etwa 13 Prozent aller Anlagen aus, erbringen aber ebenfalls rund ein Drittel der Gesamtleistung. 

Aus alt mach stark

Eine Garantie dafür, an einem alten Standort ein neues Windrad errichten zu dürfen, gibt es jedoch nicht. Es gibt  Sonderregelungen, trotzdem braucht es neue Gutachten, zum Beispiel zum Schallschutz und der Standsicherheit. Auch das Thema Artenschutz wird auf der Grundlage der heutigen Erkenntnisse neu betrachtet. „Grundsätzlich wird in der Genehmigung bei Repowering-Vorhaben der Ist-Zustand mit dem Neu-Zustand mit der repowerten Anlage betrachtet. Diese sogenannte Delta-Prüfung gilt beispielsweise auch für den Artenschutz, der dadurch umfassend gewährleistet wird“, fasst Mildenberger zusammen.

Wenn neue Anlagen dann aber genehmigt und aufgestellt werden, laufen diese in der Regel optisch ruhiger und häufig auch leiser als ihre Vorgänger. Einen Mehrwert bieten zudem neue technische Ergänzungen, wie das ProBat-Tool zum Schutz von Fledermäusen oder eine bedarfsgerechte Nachtkennzeichnung, die nur in der Dunkelheit blinkt, wenn ein Flugzeug in der Nähe ist. So werden auch Auswirkungen für Anwohnende reduziert. 

Abschied von den alten Anlagen

Es spricht vieles dafür, die alten Anlagen abzubauen und zu ersetzen. Doch was passiert dann damit? Über 90 Prozent der für Windenergieanlagen verwendeten Materialien haben eine hohe Recyclingfähigkeit. Darunter fallen vor allem Beton und Stahl. Nur bei den Rotorblättern gestaltet sich das Recycling schwieriger. Sie sind aus einem Kunststoff, der mit Glas- und Carbonfasergeweben verstärkt ist, ähnlich wie in der Luft- und Raumfahrt oder im Bootsbau üblich. Das Verbundmaterial wird nach der Demontage der Rotorblätter vor Ort aufwendig zerkleinert. Sägestaub und staubkontaminiertes Kühlwasser werden aufgefangen. Der glasfaserverstärkte Kunststoff wird derzeit teils in Zementwerken als Ersatz für Sand und Kreide genutzt oder der Hausmüllverwertung zugeführt.

Doch auch hier steht der technische Fortschritt nicht still. Forschende vom Fraunhofer-WKI arbeiten beispielsweise an einem innovativen Recyclingverfahren, mit dem sich der Faserverbundkunststoff der Rotorblätter mittels Pyrolyse, also großer Wärmeeinwirkung, in seine Bestandteile zerlegen lässt, um die eingesetzten Fasern wiederzuverwerten. Außerdem beschäftigt sich die Wissenschaft mit der Frage, wie neue Rotorblätter so konzipiert werden können, dass der Recyclingaufwand minimiert wird. Ein Ansatz ist es, die Materialien mit wieder lösbaren Harzsystemen zu verbinden, sodass diese bei einem Rückbau wieder sortenrein getrennt werden können. 

Mehr Power für den Gigawattpakt

Um die Energiesicherheit des Landes NRW in eine nachhaltige Zukunft zu führen, ist der Ausbau der Windenergie ein wichtiger Bestandteil. Mit dem Gigawattpakt für das Rheinische Revier hat die NRW-Landesregierung sich einen schnellen Fortschritt zum Ziel gemacht: Die Stromerzeugungskapazitäten aus Windenergie und anderen Erneuerbaren Energien sollen bis 2028 auf fünf Gigawatt ausgebaut werden. Rund 60 Landkreise, Kommunen und Unternehmen unterstützen den Gigawattpakt.

 

Weiterführende Links
 

NRW.Energy4Climate - Broschüre „Repowering“

Energieatlas NRW

Praxishilfe zum Repowering in der Regional- und Kommunalplanung | Umweltbundesamt

Windenergieanlagen: Rückbau, Recycling, Repowering | Umweltbundesamt

Förderprogramm „Gigawattpakt“ (Bezirksregierung Köln)

Förderung des Strukturwandels im Rheinischen Revier (Bezirksregierung Köln)

 

Übersicht Gigawattpakt