
Redispatch - wie abgeschaltete Windräder das Stromnetz schützen
Hinter dem sperrigen Begriff verbirgt sich ein effizient aufeinander abgestimmtes System. Um das Stromnetz stabil zu halten und die Versorgung zu sichern, melden Kraftwerksbetreiber den Betreibern der Übertragungsnetze verbindlich an, welche Kapazitäten sie für den Folgetag einplanen. Es wird also vorausgesagt, welches Kraftwerk wann wie viel Leistung ins Netz einspeist. Dadurch kann das Gleichgewicht zwischen erzeugter und verbrauchter Menge Strom sichergestellt werden. Dieser Prozess nennt sich Dispatch, was auf Deutsch so viel wie „Versand“ bedeutet.
Eine Frage der Anpassungsfähigkeit
Das Stromnetz ist aber nicht unendlich flexibel. Es hat eine bestimmte technische Leistungsfähigkeit. Wenn die Menge an eingespeistem Strom diese Leistungsfähigkeit überschreiten würde, käme es zu einer Überlastung und möglicherweise zum Ausfall der Stromversorgung. Um das zu vermeiden, fordern die Netzbetreiber in solchen Fällen einen kurzfristigen Redispatch (zu Deutsch: erneuter Versand), also eine Anpassung dieses zuvor erstellten „Fahrplans“. Dann stehen auch mal Windenergieanlagen still – trotz Wind.
„Die Menge an Energie, die Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen erzeugen, schwankt naturgemäß stärker als die Produktion aus fossilen Energieträgern“, erklärt Holger Gassner, Geschäftsführer der NRW-Landesgruppe des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). „Dadurch wächst die Möglichkeit, dass Netzengpässe entstehen.“ Diese Ungenauigkeiten in der Vorhersage gleichen Redispatch-Maßnahmen aus. Beinahe täglich werden die Planungen angepasst. Mit dem weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien gewinnt der Redispatch weiter an Bedeutung.
Die richtige Umverteilung
Dabei spielt es auch eine Rolle, wo der Strom produziert und wo er gebraucht wird. In windreichen Regionen wird oft ein Überschuss an Strom erzeugt, während er in anderen Regionen benötigt wird. Die derzeitige Energie-Infrastruktur gibt es aber noch nicht her, Bedarf deckende Mengen an Strom auch über weitere Strecken zu transportieren. Die Folge: Windenergieanlagen werden gedrosselt, andernorts dafür Kraftwerke hochgefahren. So bleibt das Netz stabil.
Eine langfristige Lösung soll das aber nicht sein. Um auch alleine mit dem Strom aus Erneuerbaren Energien die Versorgung sicherzustellen und nicht mehr auf fossile Kraftwerke zurückgreifen zu müssen, plant die NRW-Landesregierung gemeinsam mit Bundes- und anderen Landesministerien derzeit den Bau von „Stromautobahnen“, die grünen Strom aus Norddeutschland auch in großen Mengen unter anderem nach NRW bringen können.
Mehr Speicher für weniger Redispatch
Neben der besseren Verteilung geht es auch um eine Verbesserung der Speicherkapazitäten. Denn überschüssiger Strom könnte auch für Zeiten mit weniger Wind und Sonne zwischengespeichert werden, statt ihn umzuverteilen. Derzeit ist auch hierfür noch nicht die nötige Infrastruktur vorhanden. Doch das wandelt sich. Ende 2024 hat die NRW-Landesregierung ein neues Energiespeicherkonzept vorgelegt, durch das unter anderem die Rahmenbedingungen für entsprechende Investitionen verbessert werden sollen. Projekte wie der Batteriespeicher in Dahlem werden bereits umgesetzt. Könnten Redispatch-Maßnahmen also mit einem weiteren Netzausbau und verbesserter Speicherung irgendwann überflüssig werden? „Im Idealfall ja.“, meint Gassner. „Bis dahin wird aber noch Zeit vergehen, da die entsprechende Infrastruktur zunächst ausgebaut werden muss. Solange sind Redispatch-Maßnahmen ein wichtiges Werkzeug in der täglichen Praxis unserer Stromversorgung.“
Stromversorgung wird immer umweltfreundlicher
Ein klares Bekenntnis zum Ausbau der Erneuerbaren Energien hat die NRW-Landesregierung bereits 2022 im Gigawattpakt manifestiert. Inzwischen leisten rund 60 Landkreise, Kommunen und Unternehmen als Mitglieder des Gigawattpakts ihren Beitrag dazu, die Kapazitäten zur Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien in NRW bis 2028 auf fünf Gigawatt auszubauen und so unsere tägliche Stromversorgung ökologisch nachhaltig zu gestalten. Ende 2024 waren davon bereits über 3,6 Gigawatt erreicht – und das Zwischenziel damit bereits um 500 Megawatt übertroffen.
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Teamleiterin Gigawattpakt